019 Boatpeople
Zusammenfassung
“Boatpeople” ist ein Kunstprojekt, das sich durch abstrakte Holzskulpturen und eine audiovisuelle Auseinandersetzung mit der Situation von Menschen auf der Flucht auseinandersetzt und zum Spenden für Sea-Watch aufruft.
Eine künstlerische Auseinandersetzung mit dem Thema Flucht
Die wiederkehrenden Tragödien im Mittelmeer und die damit verbundenen Schicksale von Menschen auf der Flucht haben mich im Sommer auf tiefgreifende Weise beschäftigt und den Impuls gegeben, mich im Rahmen einer künstlerischen Auseinandersetzung mit dieser Thematik zu befassen. Meine langjährige Erfahrung in der Darstellung des menschlichen Kopfes in Zeichnung und Skulptur bietet hierbei eine Möglichkeit, das Thema auf eindringliche und würdige Weise zu visualisieren. Das Projekt “Boat People” verfolgt das Ziel, die Situation von Menschen auf der Flucht durch abstrakte Darstellungen des menschlichen Kopfes zu thematisieren. Diese Darstellungen, die mittels KI entwickelt wurden, manifestieren sich als Skulpturen, die aus groben, rechteckigen Holzstücken zusammengesetzt sind. Die Textur des Holzes mit seinen sichtbaren Maserungen und Unebenheiten verleiht den Figuren eine haptische Qualität, die an die Rohheit und Fragmentierung des Erlebten erinnert.
Die Gesichter, in zwei Hälften geteilt und vertikal geschichtet, evozieren eine innere Zerrissenheit und den Verlust von Ganzheitlichkeit. Die Komposition erinnert an tektonische Strukturen und die Schichtung von Sedimenten, eine Anspielung an die Elemente und die physische Erfahrung der Überfahrt. Die Skulpturen sind abstrakt, aber dennoch anthropomorph, mit reduzierten Formen, die sich auf das Wesentliche des menschlichen Ausdrucks konzentrieren – Melancholie, Nachdenklichkeit, Hoffnungslosigkeit. Die bewusst rau belassenen Oberflächen betonen die Materialität und den organischen Charakter des Holzes, welches bewusst unverändert belassen wurde. Die Skulpturen werden in Küstennähe knapp unter der Wasseroberfläche inszeniert, was die Isolation und Entfremdung der Dargestellten verdeutlicht. Die Augen sind oft geschlossen oder abgewendet, was die innere Zerrissenheit verstärkt und eine stille Präsenz betont.
Der Arbeitstitel “Their Silence, Our Shame” verweist auf die Verantwortung, die wir als Gesellschaft angesichts der Geschehnisse im Mittelmeer tragen. Das Konzept ist primär eine künstlerische Auseinandersetzung mit der Thematik und weniger eine direkte Intervention vor Ort. Es geht um die Sensibilisierung für dieses Thema und die Erzeugung von Empathie durch Kunst. Verschiedene Umsetzungen und Erweiterungen sind denkbar und sollen als Diskussionsgrundlage dienen: Reale Skulpturen könnten durch eine EU-weite Künstlerinnen-Kollaboration oder insbesondere durch die Kooperation mit Künstlerinnen aus Afrika, entstehen.
Letzteres würde nicht nur die Perspektiven der Betroffenen integrieren, sondern auch einen Teil der Einnahmen und Spenden direkt an die Künstlerinnen zurückführen. Die Verwendung von Holz und die abstrakte, aber ausdrucksstarke Darstellung menschlicher Figuren verweisen auf Bezüge zur traditionellen afrikanischen Skulptur und auch zu kubistischen und minimalistischen Ansätzen, die sich in der fragmentierten, geometrischen und reduzierten Formensprache zeigen. Auch Anklänge zur Arte Povera finden sich in der Verwendung von einfachen, natürlichen Materialien. Im Videobereich könnten Kooperationen mit renommierten Musikerinnen oder zeitgenössischen Komponist:innen gesucht werden, um eine kraftvolle akustische Ebene zu schaffen.
Die aktuelle Videostudie könnte dahingehend weiterentwickelt werden. Die zentrale Frage ist, wie dieses Projekt eine möglichst breite Wirkung erzielen kann, um Spenden für Sea-Watch zu generieren und auf die Thematik aufmerksam zu machen. Denkbar sind Finanzierungsmodelle über Crowdfunding-Plattformen, die YouTube-Spendenfunktion, die Versteigerung von Kunstwerken oder Kooperationen mit Galerien. Das Projekt “Boatpeople” ist ein künstlerischer Beitrag zur Auseinandersetzung mit der Situation von Menschen auf der Flucht und gleichzeitig eine Möglichkeit, Spenden für Sea-Watch zu generieren. Die Kombination aus digitalen und physischen Formaten, die Integration von Musik und die Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Künstler:innen bietet eine vielseitige und dynamische Basis für dieses Projekt. Die Skulpturen sind durch ihre Abstraktion und Fragmentierung eine eindringliche visuelle Auseinandersetzung mit der Situation der Menschen auf der Flucht, die trotz der Reduzierung die Menschlichkeit und Würde bewahrt.